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Dr. h. c. Marthe Gosteli, Veteranin der Frauenbewegung

1917 - 2017

Marthe Gosteli hat die Frauenbewegung in den 1960er Jahren massgeblich geprägt. Sie wurde 1917 auf dem Bauernhof ihrer Eltern in Worblaufen geboren und ist dort aufgewachsen. Das Interesse ihrer Mutter an sozialen Fragen und deren Gerechtigkeitssinn sowie der frühe Tod des Vaters haben Marthe Gosteli als junge Frau geprägt. Während des 2. Weltkriegs betreute Marthe Gosteli die Abteilung Presse und Rundfunk des Armeestabs. Nach dem Krieg leitete sie die Filmabteilung des Informationsdienstes an der US-amerikanischen Botschaft in Bern.

Als ihr Vater Ende der 1950er Jahre starb, übernahm sie zusammen mit ihrer Mutter die Verwaltung des grossen Hofs in Worblaufen. Die beiden Frauen waren gezwungen, sich in einer von Männern dominierten Welt durchzusetzen.

Ihre Erfahrungen mit den Medien stellte Marthe Gosteli ab Mitte der 1960er Jahre ausschliesslich in den Dienst der Frauenbewegung. In den Jahren von 1964 bis 1968 war sie Präsidentin des bernischen Frauenstimmrechtsvereins. Der Weg ihrer unermüdlichen Aktivitäten führte Marthe Gosteli in den Vorstand des Bundes Schweizer Frauenorganisationen. Dort hatte sie auch das Amt der Vizepräsidentin inne. 1970/71 präsidierte sie die Arbeitsgemeinschaft der schweizerischen Frauenverbände für die politischen Rechte der Frau. Diese Organisation trug mit ihrem Verhandlungsgeschick mit dem Bundesrat wesentlich zur Annahme des Frauenstimmrechts auf eidgenössischer Ebene bei.

In den 1970er Jahren gründete Marthe Gosteli in ihrem Elternhaus in Worblaufen das "Archiv zur Geschichte der schweizerischen Frauenbewegung" und im Jahr 1982 die Gosteli Stiftung. Die Stiftung wurde mit der Absicht gegründet, dem Archiv eine unabhängige Trägerschaft zu geben.

Marthe Gosteli wurde 1989 mit dem Trudi-Schlatter-Preis, 1992 mit der Burgermedaille der Burgergemeinde Bern, 2008 mit der Silbernen Verdienstmedaille der Oekonomischen und Gemeinnützigen Gesellschaft des Kantons Bern und 2011 mit dem Menschenrechtspreis der Internationalen Gesellschaft für Menschenrechte ausgezeichnet. 1995 erhielt sie den Ehrendoktor der Universität Bern.

Im Jahr 2000 veröffentlichte sie ihr Buch "Vergessene Geschichte – Histoire oubliée" über die Schweizer Frauenbewegung von 1914 bis 1963.

Im Jahr 2009 ehrte Ittigen das unermüdliche Wirken von Marthe Gosteli, indem sie die Treppe beim Gemeinschaftszentrum Casapella in Worblaufen "Gosteli-Treppe" taufte.

Im März 2017 durfte die Gosteli-Stiftung den Kulturpreis der Burgergemeinde Bern entgegen nehmen.

Marthe Gosteli verstarb am 7. April 2017 in ihrem 100. Lebensjahr.

Marthe Gosteli bei der Einweihung der Gosteli-Treppe in Worblaufen